Altartafeln

Ein wahrlich historischer Fund

Altartafeln von 1681 und 1741 sind nun im Haus Dassel zu bewundern

Alle Siedlungen im Möhnetal sind am Südabhang der Haar entstanden, so auch die Ursiedlung von Allagen, Oisterallagen.

Hier soll eine erste Kirche gestanden haben. Die zweite Kirche im heutigen Orte Allagen wurde 1144 eingeweiht. Die dritte Kirche entstand m Jahre 1670.

Die dritte Allagener Kirche stand von 1670 bis 1887

Diese Kirche war schließlich zu klein geworden, so dass Ende 1887 die vierte Kirche entstand.

Die Ausstattung der alten Kirche wird in der Pfarrchronik beschrieben.

„Das Inventar der alten Kirche war sehr reichhaltig
und größtentheils im Rococcostil gehalten: 3 Altäre, an
der Brüstung der Orgelbühne die Statuen der 13 Apostel, .
außerdem Statuen der hl Mutter Anna und des h Georg,
vom Thriumptbogen herabhängend ein Bild der Mutter
Gottes mit Strahlen. Aber die Statuen und Holztheile von
den Altären waren vom Wurm zerfressen, Auch paßten
die Altäre für die neue Kirche nicht. Die Bänke waren
von Eichenholz, aber fast nur zum Sitzen eingerichtet. Deshalb
wurden die Bänke und andere noch brauchbare Hölzer
öffentlich verkauft, die Statuen und andere hl. Stücke
auf dem Kirchhofe verbrannt. Nur folgende Inventarien=
Stücke der alten Kirche sind in die neue übertragen:
Der Taufstein, von Marmor mit flachem Marmordeckel; die 4
großen Altarleuchter auf dem Hochaltare, sowie die 2 Tabemakel-
Armleuchter, alle 6 von edler Messingcomposition; eine Statue
des hl Joseph, von Holz; die ewige Lampe, von Messing; 2 Prozes-
sionslaternen; eine Kranken-Laterne; ein Chorstuhl; ein

alter Bethschemel; das Inventar der Sacristei; 3 Schränke und
ein Beichtstuhl.(4)

Von den Vorgängerkirchen sind keinerlei bauliche Spuren erhalten.

Mit der Verlegung des Pastorats in das Freilichtmuseum Detmold und der Vernichtung der Scheune, sind die letzten Spuren unwiederbringlich ausgelöscht.

In Scheune und Keller überdauert

Einem glücklichen Umstand und privater Achtsamkeit ist es zu verdanken, dass wichtige Elemente der alten Kirche, der dritten Kirche, erhalten geblieben sind.

Hierbei handelt es sich um zwei hölzerne Tafeln, welche die Wirren der Zeit überstanden haben.

Der verstorbene Alfons Brunstein aus Niederbergheim hatte den historischen Wert erkannt und die Objekte über Jahrzehnte in seine Obhut genommen, auch deswegen, weil ein gewisser Albini Brunstein, für deren Existenz verantwortlich zeichnet, wie die ursprünglichen Beschriftungen zeigen.

Altartafeln aus dem Jahre 1681 und 1741

Die von von A. Brunstein angefertigten Abschriften geben folgende Hintergründe frei (1).

Tafel 1: Im Jahre 1681

Mit seinem Gelde lies mich Albinus Brunstein
errichten als er von Venedig zurückgekehrt
war. Unter dem ehrwürdigen Pfarrer Jacobus
Diemeus.

Tafel 2: Im Jahre 1741

Dieser Altar ist geschmückt worden mit
eigenem Gelde der Kirche dieser Pfarrei.
Zu Ehren Christi, der aller selichsten Jungfrau,
des hl. Johannes des Täufers und des hl. Antonius
des Einsiedlers, seinen Patronen. Unter dem
Ehrwürdigen Herrn Melchior Semme Pastor in Allagen.

Eine Urkunde aus dem Jahre 1692 im Landesarchiv NRW verweist auf die eigentlichen Hintergründe (2).

Urkunde aus dem Jahre 1692

Die Archivbeschreibung fasst den Hintergrund der Vereinbarung zusammen.

Verzeichnungseinheit, Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen
A 108u / Kloster Galilaea / Urkunden, Nr. 115

[Joannes Hakenkamp], Pastor zu Allagen, und [Caspar Berghoff sowie Heindrich Gröblinghoff], Kirchmeister daselbst, bekunden, Albin Brunstein, wohnhaft zu Allagen, wolle zur größeren Ehre Gottes, seiner Mutter Maria und des Kirchenpatrons Johannes Baptist für die Auferbauung des christkatholischen Gottesdienstes den Hochaltar auf dem Chor aus eigenen Mitteln neu errichten (mit einer neuen Structur versehen) und mit Gemälden (Schilderey) ausstatten. Er bitte, daß die Bilder nicht entfernt werden. Der Pastor und die Kirchmeister weisen dafür ihm und seinem Schwager Andrees Niesnern in der Mannsbank vor dem Chor zwei Männerplätze zu und desgleichen in der ersten Frauenbank zwei Plätze. Diese Plätze können mit ihrem sonstigen Gut vererbt werden. An allen vier Hochfesten soll für den Wohltäter und seine Eltern, Henrich Brunstein und Gertrud Weßels, ein allgemeines Gebet von der Kanzel nach der Predigt gesprochen werden. Jährlich am vierten November oder an einem vom Pastor zu bestimmenden Tag soll eine Seelenmesse für den Wohltäter und seine Eltern gelesen werden. Nach seinem Tode soll an allen Sonn- und Feiertagen nach der Predigt ein Gebet für ihn gesprochen werden. Dafür erhält der Pastor aus einem anderen Kapital in Höhe von zehn Reichstalern jährlich einen halben Reichstaler.
Die Aussteller bitten den Herman Stephan von Bökenförde gen. Schüngel, Dechant zu Soest, Domherr zu Hildesheim und Drosten zu Peine, als den zuständigen Archidiakon für Allagen, Mülheim und Hoinkhausen (Hoynckhausen) um Bestätigung und Genehmigung der Bitten. Ankündigung des Siegels des Archidiakons, seiner und der Aussteller Unterschriften. Geschehen zu Soest. Soest

Allgemeine Formalbeschreibung Vermerke: Ausf., Perg., deutsch.
Siegel des Archidiakons, Unterschrift desselben sowie des Pastors und der Kirchmeister
Laufzeit 1692 Oktober 19

Im ältesten Allagener Kirchenbuche ist die Vereinbarung festgehalten und zudem der Todestag des Albini Brunstein vermerkt (3).

Eintrag im ältesten Allagener Kirchenbuche

Die Familie Slupp zu Allagen wird zur Kostenübernahme genannt. Die früheste bekannte Nennung eines Herman Schlup findet sich im Jahre 1565 im Kirchspiel Allagen. In dem im Jahre 1608 angelegten sogenannten ältesten Allagener Kirchenbuche ist ein gewisser Schlup als Bürger des Ortes Allagen vermerkt. Der Eintrag im Einkünfteverzeichnis der Kirchengemeinde Allagen aus dem Jahre 1683 nennt ihn nun als Joann Schluppes. Die Hausstätte dieser Familie liegt unmittelbar an der damaligen Kirche im Zentrum Allagens.

Im Rahmen des Projektes wurde ein vollständiges Transcript obiger Urkunde erstellt, ermöglicht durch eine Spende des gebürtigen Allagener und  Wahlberliner Ludger Gosmann. Der Experte für historische Schriften, Uwe Bachmann aus Leipzig, hat diese Arbeit übernommen.

Bestand aus der zweiten Allagener Kirche

Da bereits wenige Jahre nach der Errichtung der dritten Kirche Bestrebungen bestanden, den Altarraum neu zu gestalten, kann davon ausgegangen werden, dass die Tafeln bereits aus der zweiten Kirche stammen und für die oben beschriebene Verwendung umbeschriftet wurden.

Das Projekt dazu

Im Rahmen eines Konservierungsprojektes der Gruppe Familienforschung und Heimatpflege Allagen/ Niederbergheim wurden die Tafeln restauratorisch bearbeitet, in Teilen ergänzt  und konserviert.

Durch die finanzielle Förderung im Rahmen des Heimat-Scheck-Programms war dieses erst möglich.

Der Ortsheimatpfleger Ferdi Kühle und der Initiator bzw. Projektbetreiber Ferdinand Ferber, konnten als Antragsteller durch eine kollektive Anstrengung das Vorhaben meistern.

Das Allagener Kollektiv, bestehend aus Gottfried Ferber, Georg Dicke, Jürgen Wrede und Heiner Kemper, hat für die ansprechende Einfassung und Montage der Objekte gesorgt.

Freude über den historischen Fund: (von links) Jürgen Wrede, Ferdinand Ferber, Gottfried Ferber, Ferdi Kühle, Heiner Kemper und Restaurator Thomas Berghoff.

Die eigentlichen Konservierungsarbeiten wurden vom Restaurator Thomas Berghoff, einem gebürtigen Allagener, fachkundig durchgeführt.

Die Altartafeln werden somit für die Nachwelt erhalten und im Sakralraum von Haus Dassel gezeigt.

Die Bemühungen der Arbeitsgruppe, die Tafeln in der Kirche Allagens zu zeigen, konnten leider aus finanziellen Gründen nicht umgesetzt werden.

Der besondere Dank gilt der Familie Brunstein, für die Bewahrung und Überlassung der Objekte.

Zur Freude von Siegfried Kutscher (links) von der Dorf-Initiative Allagen/Niederbergheim hängen die von Dietmar Brunstein zur Verfügung gestellten Altartafeln und das Transkript nun im Sakralraum des Haus Dassel

Das sagt die Presse dazu.

Soester Anzeiger vom 28.12.2023

 

Quellen

(1) Familie Brunstein. Persönliche Mitteilung, 2022

(2) Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen A 108u / Kloster Galilaea / Urkunden, Nr. 115

 (3) Ältestes Allagener Kirchenbuche

 (4) Pfarrchronik, Allagen