Emil Lumbeck

Lumbecken in Allagen

Emil Lumbeck (* 22. Februar 1886 in Remscheid; † 8. August 1979 in Witten) erfand ein spezielles Verfahren der sogenannten Kaltklebebindung, welches als „Lumbecken“ in der Druckindustrie bekannt ist.(1)

Emil Lumbeck (* 22. Februar 1886 Remscheid; † 8. August 1979 Witten)

Emil Lumbeck, der zunächst den Beruf des Eisen- und Stahlkaufmanns erlernte, übernahm nach der nationalsozialistischen Machtergreifung 1934 die Leitung der Firma Otto Voss in Bochum.

Ab 1936 begann er nach einer Lösung zu suchen, wie man zerschlissene Bücher mit einer neuen haltbaren Bindung versehen konnte. Er schnitt dafür den Rücken ab und verklebte den Buchblockrücken mit einer Art Lack, wofür er zwischen 1937 und 1939 bereits mehrere Patente erhielt.

Wirklichen Erfolg versprach die Entwicklung jedoch erst, als er begann statt des Lackes einen Kunstharzkleber zu verwenden, der die nunmehr einzelnen Blätter des Buchblocks fest miteinander verband. 1942 trat er mit seiner Erfindung erstmals vor die Fachöffentlichkeit. Das Verfahren wurde in der Folge von der Industrie weitgehend übernommen und durch die Erfindung zahlreicher Maschinen immer weiter verbessert.

Ungeachtet dessen gehört das Lumbecken aber auch heute noch zu den unentbehrlichen Techniken jener Buchbinder, die von Hand arbeiten (1)

Eine ausführliche Darstellung seiner Person findet sich unter

https://de.wikipedia.org/wiki/Emil_Lumbeck (1)

Wissenschaftliche Aufarbeitung durch Schmidt-Bachem:

Heinz Schmidt-Bachem beschreibt in seinem Artikel „Beiträge zur Industriegeschichte der Papier-, Pappe- und Folien-Verarbeitung in Deutschland, Quellen, Recherchen, Dokumente, Materialien, erschienen in Düren 2009“, die Merkmale des sogenannten Lumbeckverfahrens und die zeitgeschichtlichen Hintergründe.(2) 

In Allagen wird gelumbeckt

Die nachfolgenden Ausführungen, die die Zeit der Familie Lumbeck in Allagen betreffen, beziehen sich auf diesen Artikel bzw. sind diesem entnommen.(2) 

„Im August/September 1943 verlegte Emil Lumbeck seinen Wohnsitz vom Essener Villenvorort Bredeney ins Sauerland nach Allagen/Möhne, Kreis Arnsberg. Der Umzug von Essen […] nach Allagen […] erfolgte am 01.09 1943.“(2)

Lumbeck geriet durch das enorme Interesse an seiner Erfindung in die Mühlen der Nationalsozialisten und wurde von deren Funktionären gelenkt, wobei ihm eigentlich lediglich sein Verfahren am Herzen lag.

Die Betriebsstätten des Verlages von Emil  Lumbeck wurde im Jahre 1943 nach Allagen verlegt und im Saal von Kaufmann, Bäckermeister und Gastwirt Franz Kühle untergebracht.

Der „Saal“ von Kaufmann, Bäckermeister und Gastwirt Franz Kühle. Erbaut 1924 von Frau Witwe Franz Kühle, geb. Wrede, gen. Trotschulte

Es kamen viele Mitarbeiter mit nach Allagen, von denen einige geblieben sind. Ein Verlagslager wurde in einer eigens für den Zweck errichteten Baracke auf dem damaligen freien Platz zwischen Franz Rosier, heute Familie Lenze, und dem ehemaligem Gasthof Göbel eingerichtet. Diese Baracke wurde später von Eberhard Weber an das Krebsufer verlegt und stetig ummauert und erweitert. Das Ergebnis ist noch heute sichtbar.

Die Familie Emil Lumbeck wohnte in Westendorf in der Villa des 1939 verstorbenen Josef Loag

Der Bunkerbau, eine Manie

Die Familie Loag beschreibt diese Zeit in ihren Aufzeichnungen

„Für die Familie Lumbeck wurde dort, wo heute das Wohnzimmer der Einliegerwohnung ist, ein Bunker gegen Fliegerbomben errichtet, der für die anderen Hofbewohner nicht zugänglich war. Nach Ende des Krieges erhielt die Familie das Haus zurück.“

Geblieben ist ein Bunker im Garten

Erinnerungen von Franz Schmitz:

„Im Kriege wohnte bei uns eine Familie Schulmeis, später dann kam ein Herr Wiebelhofer mit Frau und sorgte dafür, dass Familie Schulmeis auszog. Er muss eine bedeutende Stellung bei Lumbeck gehabt haben, da sofort eine Telefonleitung von Kühlen Saal ins Schrewenfeld errichtet wurde. Wiebelhofer ist auch verantwortlich für den Bau des heute noch vorhandenen Bunkers in unserem Garten, der inzwischen verfüllt ist. Die Mitnutzung im Ernstfall durch uns wurde strickt abgelehnt.“

Sicherheit ging vor

Erinnerungen von Franz Walter Kühle:

„Emil Lumbeck richtete im Keller unseres Saales einen Luftschutzraum ein, der von innen und auch von außen von dem „Bahntreppchen“ aus zugänglich war. Bei Fliegeralarm konnte auch unsere Familie dort Schutz suchen.“

Lumbeck und die Amerikaner

Erinnerungen von Theo Pankoke

„Restpapier des Verlages wurde zu kleinen Ballen gepresst und konnte von der Bevölkerung mehr oder weniger halblegal „verwertet“ werden, eigentlich als Brennmaterial.

Kinder, speziell obiger Zeitzeuge, fanden die Pakete jedoch ausgesprochen interessant, so wie eine Art Wundertüte, so dass eines Tages ein solches Paket beim Transport mittels eines Schlittens nach Westendorf transportiert, in der Streitstrasse von der örtlichen Dorfjugend zerrupft wurde und Geschäftspapiere verstreut durch Westendorf flogen. Herr Lumbeck fand auf seinem Wege in den Verlag diese seine Papiere auf der Straße und das Ganze nicht sehr komisch. Danach war Schluss mit Papierballen in Allagen.

Beim Einmarsch der Amerikaner war Emil Lumbeck wegen seiner englischen Sprachkenntnisse gemeinsam mit Bürgermeister Haarhof und dem Ortgruppenleiter Witteborg am Ortseingang zu Westendorf auf der Lieth postiert, um die heranrückenden Amerikaner von der Haar kommend zu empfangen.“

Lumbeck und die Amerikaner

Zitat Schmidt-Bachem

„… Lumbeck selbst wurde wegen seiner englischen, französischen und russischen Sprachkenntnisse („Chef-)Dolmetscher bei einem amerikanischen Offizier jüdischer Abstammung. Das kam einer Vorentscheidung im Entnazifizierungsprozess gleich. …“ (2)

Da Hirschberg noch nicht „die weiße Fahne gezogen“ hatte, wurde von den Amerikanern in Westendorf Stellung bezogen. Geschütze wurden hinter Diemel gen. Rellecke strategisch günstig mit Zielrichtung gen Hirschberg eingegraben. Beschuss hat es jedoch nur einen Tag gegeben. Quartier und Kommandozentrale wurde das Haus Pankoken, wegen des schönen Blicks ins Möhnetal und in die Wälder in Richtung Hirschberg.

Es wird deutlich, dass schon damals die Amerikaner Respekt vor dem Völkchen im Walde hatten.

Familie Pankoke verließ innerhalb kürzester Zeit das Haus und wechselte auf den Berghof ins Backs. Dieses jedoch nicht unbedingt freiwillig. Die Räumung war am Sonntag zur Mittagszeit während des Genusses einer sonntäglichen Fettsuppe, die leider nicht zu Ende genossen werden konnte, so wird wehmütig berichtet.

Vertrieb von Buchbindeartikeln in Allagen

Von Februar 1949 bis Dezember 1950 unterhielt Emil Lumbeck in Allagen einen Betrieb zur Herstellung und zum Vertrieb von Buchbindeartikeln.(2) 

Da bereits 1947 der Kühlen Saal für öffentliche Festlichkeiten verwendet wurde, muss man annehmen, dass dieser Büromaterialhandel aus der Baracke oder aus einem kleineren Gebäude betrieben worden ist.

Im Oktober 1950 zog Emil Lumbeck nach Wuppertal-Elberfeld und ist weiter aktiv. Der Spiegel schreibt am 24.11.1949:

„Seit Lumbecks Schwiegersohn Ehlermann seine Maschinenfabrik aus Berlin nach Verden a. d. Aller verlegt hat, baut er dort für seinen Schwiegervater die Maschinen.“(3)

 

Quellen

(1) Wikipedia, http://de.wikipedia.org/wiki/Emil_Lumbeck

(2)  Schmidt-Bachem, Heinz: Beiträge zur Industriegeschichte der Papier-, Pappe- und Folien-Verarbeitung in Deutschland, Quellen, Recherchen, Dokumente, Materialien, Düren, 2009

(3) DER SPIEGEL 48/1949