Malermeister

Bringt Farbe ins Leben

Anstreichermeister
Caspar Schüth

Im Jahre 1888 wurde von dem Anstreichermeister Caspar Schüth (*19.05.1858 Allagen – +20.04.1929 Westendorf) der Allagener Jünglingsverein gegründet. Er gilt somit als Begründer der Jugendarbeit in der Gemeinde Allagen.

Caspar Schüth wohnte damals in der inzwischen abgetragenen zweiten Vikarie. die im Zuge des Kulturkampfes vermietet war.

Am 18.11.1890 vermählte er sich in Rhynern mit der aus Süddinker stammenden Anna Sibilla ger. Änne Mölle (*26.07.1868 Süddinker – +02.06.1943 Westendorf). Die Eheleute errichteten sich ihre Hausstätte in Westendorf an der nördlichen Ecke Möhnestraße/ Streitstraße und betrieben dort das allseits bekannte Anstreichergeschäft Schüth.

Caspar Schüth

Die Ehe Schüth blieb kinderlos, so dass schließlich per Adoption August Schüth geb. Kokemper (*12.12.1912 Süddinker – +23.09.1979 Westendorf) die Geschicke als Anstreichermeister übernehmen und viele Jahre fortsetzen konnte.

Maler- und Anstreichermeister
Christian Mölle

Der jüngste Schwager des Caspar Schüth, Christian Mölle (*14.02.1880 Süddinker – 13.12.1939 Westendorf). stieß unweigerlich zu den Eheleuten Schüth und wirkte lange Jahre im Betrieb mit, bis sein Neffe August, diesen übernehmen konnte.

Am 15.05.1906 legte Christian Mölle aus Allagen die Meisterprüfung als Maler- und Anstreichermeister vor der Handwerkskammer zu Arnsberg ab.

Christian Mölle sen.

Christian Mölle verheiratete sich am 17.11.1908 in Allagen mit Clara Elisabeth Haarhoff gen. Höcker (*28.03.1885 Oberbergheim – +25.02.1957 Westendorf). Die Eheleute errichteten sich ihr Haus an der Möhnestraße, gingen dem Anstreichergewerbe nach und bekamen sieben Kinder.

Die Töchter, Anna, Clara und Elisabeth verstarben jedoch bereits im Jugend- bzw. Heranwachsendenalter.

Der Zweitgeborene, Franz (*08.04.1911 – 30.04.1944 Russland), wurde ebenfalls Anstreichermeister und war der betriebliche Hoffnungsträger. Er ist tragischerweise im Zweiten Weltkrieg gefallen.

Der Stammhalter Christian jun. (*26.12.1909 – +10.11.1946 Blasien) hatte bei der Firma Dassel das Kaufmannshandwerk erlernt und am 12.10.1940 in Köln-Stammheim die Walburga Baumerich geheiratet.

Hochzeitsgesellschaft Christian Mölle jun. und Walburga Baumerich

Das Eheglück hat den Krieg überdauert, fand aber im Jahre 1946 durch den Tod des Christian ein jähes Ende, der an einer heimtückischen Krankheit litt, die er sich in französischer Kriegsgefangenschaft zugezogen hatte.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die jüngste Tochter Ida Mölle, Sprechstundenhilfe bei Dr. med. Emil Berghoff und später Ehefrau des Franz Roderfeld in Allagen wurde.

Die Ära Mölle fand somit ihr Ende, die Anstreicherära jedoch nicht, da die älteste Tochter Maria Mölle (*11.05.1913 – +10.08.2000 Westendorf) den Maler- und Glasermeister Franz Hüning (*05.10.1904 Metelen – +20.09.1990 Westendorf) geheiratet hat und das Handwerk in alter Form am alten Platze unter der Firmierung Mölle-Hüning nachhaltig fortgesetzt werden konnte.

Maler- und Glasermeister
Franz Hüning

Kommen wir nun zu der spannenden Frage:

„Wer war Franz Hüning?“

und beantworten sie mit:

„Am besten chronologisch!“

Unser Protagonist Franz Josef Hüning wurde am 05.10.1904 in Metelen im Münsterland geboren.

Die Eltern, Anstreichermeister zu Metelen Franz Joseph Hüning (*30.06.1860 Metelen – +28.11.1923 Metelen) und Gertrud Mensing (* 16.10.1864 Nienborg – +23.02.1940 Metelen), hatten vermutlich vier Kinder, von denen Antonia nur 2 Monate alt wurde. Der Sohn Bernard war später ein Wegbegleiter des Franz. Bernard hat den elterlichen Malerbetrieb zu Metelen weitergeführt, der bis heute in vierter Generation existiert.

Eheleute Joseph Hüning und Gertrud Mensing

Franz Hüning trat gemäß einer unvermeidlichen Vorsehung in die Fußstapfen seines Vaters und erlernte das Anstreicher- und Malerhandwerk,und das in einer Zeit, in der gemäß Adolf Kolping und der inzwischen gegründeten Gesellenvereine das Handwerk am effektivsten erlernt werden konnte, indem man auf die obligatorische Walz bzw. auf Wanderschaft geht.

Ausbildung

Einige Dokumente, Urkunden und mündliche Überlieferungen sowie Bildmaterialien geben ein anschauliches Bild seiner Ausbildungs-, Wander- und Schaffensjahre.

Der Besuch von Kursen zum Erlernen spezieller Fertigkeiten und spezifischer Gestaltungstechniken, wie das Malen von Holz- und Marmortexturen, waren obligatorisch und erforderten ein hohes Maß an künstlerischer Begabung.

Malerschule Hubert Richter zu Heek, Jahrgang 1930/31

Maler sind gleichsam Künstler, die gelegentlich ihrer Kreativität freien Lauf lassen.

– Club der Weiberfeinde – eine gestellte Szene aus einem Ausbildungslehrgang 1930/31

Wanderjahre

In der Zeit vom 01.04.1931 bis 01.03.1933 hat Franz Hüning an Ausbildungen an der Handwerksschule des katholischen Gesellenvereins Köln-Zentral teilgenommen. Dazu gehörten auch die Zeiten der Wanderschaft.

Handwerksschule des katholischen Gesellenvereins Köln-Zentral Jahrgang 1931/32

Sein Transportmedium war das Fahrrad und später das Motorrad.

Franz und sein Bruder Bernard Hüning

Franz Hüning machte sich gemeinsam mit dem Bäckergesellen, Freund und Wegbegleiter Max Bürger auf den Weg nach Italien, um in Rom das Arbeiten und das Leben zu lernen.

Der Nachbarjunge Max Bürger hatte unmittelbar zuvor, d.h.  im Jahre 1929, den Gesellenverein Metelen gegründet.

Zwischenstopp an der Nordseite des Gardasees auf dem Weg von Metelen nach Rom

Vom 01.08.1931 bis 14.09.1931 war Franz Hüning im Hotel Eden in Rom als Maler tätig, wie ein Zwischenzeugnis belegt.

Arbeitszeugnis vom Hotel Eden in Rom von 1931
Franz Hüning über den Dächern von Rom mit Blick auf den Petersdom.

Franz Hüning hat etwa ein Jahr im Vatikan als Maler gearbeitet, während Max Bürger in der vatikanischen Bäckerei tätig war. Als Dank gab es abschließend eine Audienz bei Papst Pius XI aufgrund des Kolpingwerkes und dem Interesse an dem damaligen Deutschland insbesondere an Westfalen.

Die gesamte „Reisedauer“ betrug etwa drei Jahre und musste schließlich wegen der politischen Entwicklungen in den beiden Ländern beendet werden.

Wanderjahre waren üblicherweise die Voraussetzung für einen Handwerksmeister. Am 15.02.1938 legte Franz Hüning aus Metelen die Meisterprüfung zum Malermeister vor der Handwerkskammer zu Münster ab.

Kakadu, eine Arbeitsprobe aus dem Meisterkurs: Schildergestaltung und Hinterglasmalerei

Der Wehrdienst und die Kriegsjahre verschlagen ihn u.a. nach Frankreich, wo er Paris und den Eifelturm bewundern kann. Im Jahre 1940 dokumentiert er einen Aufenthalt im französischen Neauphle-le-Vieux und 1941 einen weiteren in Kroatien und Sarajevo.

Sesshaft in Allagen

Es hat ihn nach dieser Zeit schließlich nach Allagen verschlagen, wobei die befreundeten Bahnhofsvorsteher aus Allagen und aus Metelen eine nicht unwichtige Rolle gespielt haben.

Er war auch hier überzeugter Kolpingbruder und wird in einer Aufstellung der Kolpingsfamilie Allagen in der Sektion Altkolping Bezirk 2, Möhnestraße geführt.

Mit der Heirat in Allagen wurde er sesshaft und arbeitete fast in bzw. an jedem Haus Allagens.

Objekte, wie Kirchenanstriche und Glasarbeiten konnten ihn nicht wirklich beeindrucken.

Malerarbeiten im Kircheninnenraum
Der Kunstglaser Franz Hüning bei Reparaturarbeiten an einem Kirchenfenster

Er war angesichts seiner kreativen künstlerischen Begabungen und Fertigkeiten stets ein gefragter Mann in Sachen Gestaltung im Vereinsleben Allagens. Zumal er Mitbegründer des Verkehrsvereins Möhnetal war. Die Gründungsversammlung fand im Gasthof Horche statt, wo gemeinsam mit dem Schriftsteller Wilhelm Damwerth, dem Bahnhofsvorsteher Josef Stallmeister und Fabrikant Erich Dassel der Erfolg angemessen gewürdigt wurde.

Malermeister Franz Hüning und Schriftsteller Wilhelm Damwerth

Es hat ihn in den Folgejahren nicht wieder die Reiselust gepackt, da er offenbar seinen Platz und den seiner Familie in Allagen gefunden hatte.

Familie Franz und Maria Hüning

Das Haus Hüning hat so manchem Malergesellen und jungen Familien eine Wohnung gegeben. So etwa dem Tierarzt Walter Wilke und der Malerin Louise Wewel.

Kleiner Nachtrag:

Der Bruder der oben genannten Clara Elisabeth Mölle geb. Haarhoff gen. Höcker war der Seesoldat Caspar Haarhoff gen. Höcker (*07.03.1887 Oberbergheim – +11.11.1914 China), zu dem sich eine kleine Anekdote hartnäckig hält.

Diverse Erinnerungsstücke an seine Soldatenzeit wurden von der Famillie Hüning bewahrt und werden inzwischen im Haus Dassel aufgehoben.

Quellen:

Familie Hüning, persönliche Mitteilungen, Allagen, 2024

Archiv, Haus Dassel

Anmerkung

Der Begriff Wanderjahre (auch Wanderschaft, Walz, Tippelei, Gesellenwanderung) bezeichnet die Zeit der Wanderschaft zünftiger Gesellen nach dem Abschluss ihrer Lehrzeit (Freisprechung). Sie war bis zur beginnenden Industrialisierung eine der Voraussetzungen für die Zulassung zur Meisterprüfung. Die Gesellen sollten vor allem neue Arbeitspraktiken, fremde Orte, Regionen und Länder kennenlernen sowie Lebenserfahrung sammeln