Spritzenhaus

Feuerschutz und Spritzenhäuser

Zu diesem Thema gibt der Allagener Heimatforscher Bernard Kraft eine ausführliche Zusammenfassung, die die Basis für die nachfolgenden Ausführungen darstellt.(1)

„Bewahret Feuer und Licht,
damit kein Unglück geschicht.“

So lautete in früheren Zeiten der Ruf des Wächters, der nachts durch die dunklen Straßen schritt. Damals nahm eine Feuersbrunst wegen der leichten Bauart der Häuser leicht einen großen Umfang an. Fast alle Städte wissen von verheerenden Bränden zu berichten. Die Brände in Hirschberg und Belecke geben Zeugnis davon.

In den Dörfern war die Feuersgefahr nicht minder groß. So hören wir, dass am 29. Nov. 1847 die Bewohner von Oberbergheim einen Nachtwächter „akkordieren“. Es waren versammelt Eberhard Eickhoff, Johann Nölke, Wiggeshof, Koch, Schürmann, Jürgensmann und Sondermann. Der Nachfolger von Artmann, Franz Tigges und Ölmann waren nicht erschienen.

Der Nachtwächter soll täglich einen Groschen erhalten und seinen Dienst verrichten, bis ein neuer „Schweun“ (Schweinehirt) treibt. Eine Hellebarde hat dieser Wächter wohl nicht besessen, dafür aber ein großes Horn, das den Einwohnern Feuersnot verkündete. Der oben genannte Wächter ist zum letzten mal am 9. Juni 1848 gegangen. An diesem Tage erhielt das Dorf wieder einen „Schweun„, der am 10. Juni in die Immenhude trieb.

Zur Geschichte der Feuerbekämpfung

Am 26. Februar 1863 stellten 59 Einwohner an die Gemeinde Allagen den Antrag auf Anstellung eines Nachtwächters. Die Gemeinde übergab das Amt mindestfordernd (bis Martini) an Kaspar Diemel für 30 Taler. Die Wehr hatte damals eine große fahrbare und fünf tragbare Feuerspritzen, Im Jahre 1864 wurde der Sattler Josef Hense gen. Bals beauftragt, für die große Feuerspritze 10 Stück lederne Feuereimer anzufertigen,

Spritzenhaus bei Diemel gen. Neuschulte zu Westendorf

Das Spritzenhaus war 1874 auf dem Hofe des Landwirts Diemel gen. Neuschulte in Westendorf. Spritzenmeister war Anton Heinerich Niemeyer in Westendorf, gebürtig in Calle. Es ist überliefert, dass der Landwirt Diemel im Jahre 1876 für das Fahren der Feuerspritze zu den Bränden bei Wilhelm Grafe in Niederbergheim und auf dem Boltenhof (Haar) von der Gemeinde insgesamt 15 Mark gezahlt bekam.

Im folgenden Jahre wurden zu der großen Feuerspritze neue hanfene Schläuche angeschafft. Spritzenmeister wurde Franz Haarhoff in Westendorf gegen eine jährliche Vergütung von 21 Mark.

Das Spritzenhaus in Niederbergheim

Spritzenhaus zu Niederbergheim

Für Niederbergheim sollte eine eigene Feuerspritze angeschafft und ein besonderes Spritzenhaus auf der der Gemeinde gehörenden Wegeparzelle oberhalb der Kapelle gebaut werden. Die Ausführung des Baues wurde am 16. Juni 1886 dem Maurer Franz Arens, Niederbergheim. für 400 Mark übertragen. Im Jahre 1955 wurde das Spritzenhaus zu Niederbergheim abgebrochen.

Mangelnder Feuerschutz bereitet Sorge in Amerika

Die Notwendigkeit, ernsthaften Feuerschutz zu betreiben, zeigt ein Artikel im Indiana Tribune in den USA vom 19. Oktober 1904.

K e i n e  F e u e r s p r i t z e gibt es in Allagen, Westfalen.
Vor sechs Jahren verbrannte die Spritze, und seitdem wurde keine neue angeschafft.  So kam es, daß kürzlich Mühle und Wohnhaus eines Mühlenbesitzers abbrannten, obwohl man Wasser genug im Fluß hatte. Auch eine von auswärts herangeholte Spritze versagte, weil die Schläuche durch die Dürre undicht geworden waren und nicht mehr gebraucht werden konnten.“

Artikel im Indiana Tribune in den USA vom 19. Oktober 1904

Die lokale Presse berichtete zu diesem Brand, der am 31. August 1904 in der Mühle Göbel gewütet hat.

Bericht im Patriot vom 01. September 1904

„Wenn auch nicht wahr,
so doch gut gelogen.“

Nach zwei Wochen der Beruhigung, erschien eine Richtigstellung in der Presse, die in den USA wohl nicht angekommen ist..

Bericht im Patriot vom 16. September 1904

Die erste gesetzliche Regelung erfuhr das Feuerlöschwesen in Preußen im Jahre 1904. Jeder Einwohner konnte zur persönlichen Hilfeleistung bei Bränden verpflichtet und zum Eintritt in die Pflichtfeuerwehr gezwungen werden.

Gründung einer Freiwilligen Feuerwehr

Am 5. April 1908 berief der damalige Vorsteher Kaspar Berghoff eine Versammlung in dem Gasthof Horche ein, zwecks Gründung einer Freiwilligen Feuerwehr. Zum Eintritt meldeten sich 33 Mann. Für die Ausrüstung bewilligte die Gemeinde 500 Mark. Die Provinzial-Feuersozietät in Munster bewilligte zusätzlich 250 Mark, die Aachener-Versicherung 100 Mark und die München-Gladbacher-Versicherung 150 Mark. Es standen also für die Ausrüstung 1000 Mark zur Verfügung. Der erste Hauptmann war Bahnmeister Wilhelm Schmitz. Die Feuerspritze wurde im Gehöft von Fritz Rosier untergestellt. Ein Steigerturm wurde auf dem Turnplatz beim Friedhof errichtet.

Das Spritzenhaus in Allagen

Im Jahre 1911 sollte in der Nahe des Steigerturmes ein neues Spritzenhaus errichtet werden. Durch den Weltkrieg kam das Bauvorhaben ins Stocken. Seit 1919 stand die Feuerspritze wieder in Westendorf.

Das jetzige Spritzenhaus wurde im Jahre 1925 errichtet, in Größe von 12 m x 6 m, mit Schlauchtrockenturm, einem zusätzlichen Raum für den Leichenwagen und einer Wohnung im Dachgeschoss. Die Außenwände sind aus Haarsteinen, 50 cm dick, das Dach ist mit Ziegeln gedeckt.

Spritzenhaus aus dem Jahre 1925 vor der Erweiterung

Die Übergabe des Spritzenhauses fand am 01. Juni 1927 durch Amtmann Struif und Gemeindevorsteher Ferber statt.

Nachricht vom 06. Juni 1927 zur Übergabe des Spritzenhauses

Im zweiten Weltkrieg wurden in der Gemeinde zwei Feuerlöschteiche angelegt, der eine war bei Gosmann gen. Davids, der andere bei Müller-Freund gen. Steffens. Als nach dem Kriege die Wasserleitung eine Pumpanlage im Möhnetal und einen Hochbehälter bei der Forstschule erhielt und das Rohrnetz überholt war, wurden die Teiche wieder zugeworfen.

Erweiterungsbau des Spritzenhauses

In den Jahren 1956/57 wurde ein Erweiterungsbau des Spritzenhauses vorgenommen, und zwar an beiden Giebelseiten ein Anbau von 8 m x 4 m. Da die modernen Gerätewagen eine größere Länge haben, musste die Tiefe des Anbaues auf 8 m gebracht werden, gegenüber der Tiefe von 6 m bei dem alten Gebäude. Beide Anbauten sind unterkellert. In einem Keller sind Geräte allgemeiner Art der Gemeinde untergestellt, im andern sind lediglich Rohre und Ersatzteile für die Wasserleitung. Das Erdgeschoss dient weiter zur Aufbewahrung der Geräte der Feuerwehr. Im Dachgeschoss wurde die Wohnung durch die Anbauten um zwei Räume vergrößert und ein WC eingebaut. Das Richtfest konnte am 20. Oktober 1956 gefeiert werden.(2) 

Spritzen-, Wohn- und Geschäftshaus

Das heute noch wohlbekannte Spritzenhaus in Allagen wurde in der Folgezeit von Andreas Berge durch Umnutzung in ein Wohn- und Geschäftshaus umgebaut.

Spritzen-, Wohn- und Geschäftshaus

Inzwischen wird dieses markante Gebäude als Niederlassung einer Versicherungsagentur genutzt.

Spritzenhaus, das alte Feuerwehrhaus in Allagen

Quellen:

(1) Kraft, Bernard: Geschichte des Kirchspiels Allagen. Ein Heimatbuch. 1967
(2) Festschrift 100 Jahre Freiwillige Feuerwehr Warstein -Löschgruppe Allagen-, 2008

Anmerkung:
„Se non è vero, è ben trovato.“
„Wenn es nicht wahr ist, so ist es doch gut erfunden“