Kirchhöfchen

„Wo uns die Geschichte keine verbürgten Tatsachen mehr liefern kann, da spinnt die Sage ihre goldenen Fäden. So erzählt sie über die Lage des Ortes Allagen und seine erste Kirche: Ehemals lag Allagen östlich von Westendorf, dort, wo die Gegend noch heute Oisterallagen heißt. Hier soll schon zur Zeit Karls d. Gr. eine Kirche gestanden haben.“ (1)

In der Kirchenchronik der Pfarrei Allagen, verfasst von Pastor Josef Schafmeister, heißt es:

„… daß in Oister-Allagen an der bezeichneten Stelle eine Kirche gestanden hat, versichert die konstante mündliche Überlieferung, und es sollen noch in der zweiten Hälfte des 17. Jahhunderts die Fundamente dieser Kirche sichtbar gewesen sein.“ (4)

Das Kerkhöfken zu Oisterallagen

So ist es im wahrsten Sinne des Wortes naheliegend, dass zu diesem Kirchlein ein christlicher Bestattungsort existierte, ein Friedhof bzw. ein „Kirchhöfchen“.

Es ist überliefert, dass die Familie Schrewe gen. Kuismuis zu Westendorf über Jahrzehnte eine Parzelle als Hausgarten bewirtschaftet hat, die die Bezeichnung „am Kirchhöfchen“ trug.

Auszug aus dem „Theilungsplan der Allager Gemeinheit, vermessen und getheilt durch Th. Brockhof G. (Geometer) l. (kleines L, unklar) 1812/13“, Darstellung als Inselkarte

Bislang existiert lediglich ein Dokument, welches die Existenz des Kirchhöfchen bestätigt. Der „Theilungsplan der Allager Gemeinheit, vermessen und getheilt durch Th. Brockhof 1812/13“ zeigt qualitativ die Lage dieser Parzelle (3).

Detail aus dem „Theilungsplan der Allager Gemeinheit, vermessen und getheilt durch Th. Brockhof G. (Geometer) l. (kleines L, unklar) 1812/13“, Darstellung als Inselkarte

In der zugehörigen Liste der aufgeteilten Grundstücke in Westendorf wird exklusiv und amtlich die Parzellenbezeichnung „Kirchhöfchen“ ausgewiesen. In dieser Liste wird besagte Parzelle explizit mit Nummer, Flächengröße und Besitzer genannt. Die Lage und die Grundstücksnummer (91 b) sind zudem in der genannten Inselkarte eingetragen. Die Familie Barnhuse war im Jahre 1815 Eingentümerin dieser Parzelle.

Liste zum „Theilungsplan der Allager Gemeinheit, vermessen und getheilt durch Th. Brockhof G. (Geometer) l. (kleines L, unklar) 1812/13“

Im Urkataster lässt sich die relative Lage zum alten Blomen-Hof entnehmen.

Lage des Kirchhöfchens im Urkataster
Lage des Kirchhöfchens im Urkataster, Detailansicht

An der `stoereste

Der Pachtgarten der Familie Schrewe lag östlich neben der sog. `stoereste, eine Feldflur, welche bis in die Gegenwart als Kirchenland bekannt ist. Es handelte sich hierbei um das von den Allagener Pastören zur Bewirtschaftung genutzte Gelände, das Pastoereste. Mündlich überliefert ist die heutige Bezeichnung Stoereste (2).

Die Lage dieser Parzelle gibt nun Aufschluss über den tatsächlichen Standort der ersten Kirche zu Oisterallagen, nämlich durchaus weiter westlich zum bisher angenommenen Standort.

Ein Kruzifix an einem historischen Ort

Die Gruppe Heimat- und Familienforschung hat sich dieser Thematik in den vergangenen Jahren intensiv angenommen.

Im Rahmen des Projektes Plätze betreten und besitzen wurde die Würdigung dieses historischen Platzes durch die Installation eines Gedenkortes umgesetzt, der im Verlauf der sogenannten Ackerroute im Bereich des Mühlenweges zu Westendorf an den Flurstücken des B. Risse liegt.

Das hier installierte hölzerne Kruzifix entstammt der künstlerischen Arbeit des renommierten Bildhauers Willi Eickhoff/ Mülheim.

Eine schlichte Ruhebank klassischer Allagener Bauart mit einer vorgelagerten und beschrifteter Bodenplatte bildet zusammen mit einem massiven Bruchstein den Ruheplatz an diesem geschichtsträchtigen Ort.

Dieser und weitere Bruchsteine wurden bei Erdarbeiten vor Ort geborgen, eingelagert und hier am ursprünglichen Platz wieder eingesetzt. Sie symbolisieren den unmittelbaren Kontakt zum heimischen Boden und zu der örtlichen Geschichte.

Nicht erwähnen muss man den beeindruckenden Blick über Westendorf hinweg, hinüber zu dem heutigen Allagen.

Mit etwas Phantasie und evtl. geschlossenen Augen, kann es dem Besucher möglicherweise gelingen, an diesem Ort das ursprüngliche dörfliche Leben Allagens zu spüren.

Der letzte historische Weg hin nach Oisterallagen

Möglicher Standort sollte zunächst die bereits im Urkataster ausgewiesene historische Zuwegung zu den Parzellen der Vikari bzw. der `stoereste sein.

Wärend der Vorbereitungen für einen Gedenkpunkt wurde diese historische Zuwegung im Rahmen von kommunalen Wegarbeiten vernichtet. Eine Wiederherstellung des historischen Weges ist vermutlich nicht beabsichtigt.

Zerstörung der historische Zuwegung zu den Parzellen der Vikari bzw. der `stoereste bzw. nach Oisterallagen

Quellen

(1) Kraft, Berhnard
(2) Pankoke, Theo, persönliche Mitteilung. 2023
(3) Landesarchiv NRW, Abteilung Westfalen in Münster
(4) Schafmeister, Josef: Pfarrchronik Allagen